Jugendliche oft regelrecht gemobbt – Birgitta Lamparth im „Wiesbadener Tagblatt“, 01.11.2011

LESUNGEN

Autorin Sabine Huttel ist diese Woche mit „Slalom“ in der Region zu Gast – auch an Schulen

Die aus Wiesbaden stammende Autorin Sabine Huttel ist dafür bekannt, schwierige Themen in sensibel geschriebene Geschichten zu fassen. Mit „Mein Onkel Hubert“, einem Roman um Kindesmissbrauch, gastierte sie bereits im Literaturhaus Wiesbaden. Ihr Erzählungsband „Slalom“ dreht sich um männliche Homosexualität.

Mit „Slalom“ gastiert Sabine Huttel in dieser Woche mit mehreren Lesungen in der Region. Neben einem Abend, zu dem die Kulturvereinigung Bad Schwalbach am Mittwoch, 2. November, um 19.30 Uhr in die Stadtbücherei eingeladen hat, ist die Autorin auch an drei Schulen zu Gast: Der Diltheyschule (2. November), dem Gymnasium am Mosbacher Berg (3. November) und der Carl von Ossietzky-Schule (4. November).

Initiiert wurden die Schullesungen vom Schulleiter der Ossietzky- Schule, Helmut Nehrbaß. Im Tagblatt-Gespräch schildern er und Sabine Huttel die Hintergründe…

„Ich finde es gerade wichtig, mit Schülern ein Buch zu diesem Thema zu diskutieren“, so Nehrbaß. Man glaube zwar heute, dass der Umgang mit Homosexualität selbstverständlich wäre, „aber ganz sicher gibt es im Schulalltag dazu eine ganze Reihe von Vorurteilen“. Gerade Schüler zwischen 15 und 18 Jahren würde damit nicht so umgehen wie Erwachsene, ist seine Erfahrung. Wie wichtig das Thema hier genommen wird, zeigt sich schon am Umfang: An der Ossietzky-Schule werde der gesamte 11er Jahrgang, heute „Einführungsphase“ genannt, an den Lesungen teilnehmen – das sind 180 Schülerinnen und Schüler. Und auch die Schüler einer Partnerschule aus Moskau sind zu Gast. Vorab sei im Unterricht eine der Erzählungen Sabine Huttels gelesen worden, um mit der Thematik und der besonderen Sprache der Autorin vertraut zu werden, so Nehrbaß. Sabine Huttel gelinge eine „sehr sensible Annäherung mit einer ganz unprätentiösen

Sabine Huttel liest in drei Wiesbadener Schulen und bei der Kulturvereinigung Bad Schwalbach aus ihrem Erzählungsband „Slalom“. Foto: Archiv/wita/Uwe Stotz

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Sprache“, so Nehrbaß. Er habe den Eindruck, dass dies auch aus den Erfahrungen und Gesprächen der Autorin mit vielen Homosexuellen resultiere.

Sabine Huttel selbst war von der Idee der Schullesungen „sofort begeistert“: „An vielen Schulen kommt das Thema „Homosexualität“ offiziell gar nicht vor. Es geht im Deutschunterricht oder auch in Religion oder Philosophie zwar des öfteren um Liebe, aber gemeint ist mit größter Selbstverständlichkeit fast immer ausschließlich die heterosexuelle Liebe. Andererseits ist „schwule Sau“ immer noch ein beliebtes Schimpfwort auf dem Schulhof. Das tut weh, obwohl es kreuzdumm ist: Eine Sau ist bekanntlich ein weibliches Schwein, schwul können aber nur Männer sein.“ Oft würden Kinder und Jugendliche von Mitschülern regelrecht gemobbt, wenn sie in den Verdacht geraten, lesbisch oder schwul zu sein, hat die Autorin bei ihren vielen Vorgesprächen für ihre Erzählungen erfahren. „Für die Betroffenen kann der Schulalltag dadurch zum Spießrutenlauf werden, wie ich in vielen meiner Interviews mit Schwulen erfahren habe. Angst und Versteckspiel sind die Folge.“

Sie werde aus den beiden Erzählungen „Slalom“ und „Neuland“ lesen: „Da geht es um sehr junge Männer, die noch zur Schule gehen und sich in einer frühen Phase des Coming-Outs befinden.“ Die Geschichten würden anbieten, die Perspektive der homosexuellen Jugendlichen einzunehmen, ihre Ängste und Nöte zu erfahren – und so auch anderen Jugendlichen Einblicke in diese Lebenswelt zu eröffnen. „Auf die Fragen und Gespräche im Anschluss an die Lesungen bin ich sehr gespannt“, sagt Sabine Huttel. Woran arbeitet sie zur Zeit? „Ich arbeite seit längerem an einem neuen Roman, der mich sicher noch ein bis zwei weitere Jahre beschäftigen wird.“ Und obwohl sie zum Thema noch nichts sagen will: Es wird sicher wieder ein besonderes sein.

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